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Schweigepflicht schützen, Prävention ernst nehmen
Die Deutsche PsychotherapeutenVereinigung (DPtV) sieht den Beschluss der Innenministerkonferenz (TOP 83) zum „Integrierten Risikomanagement bei Menschen mit psychischen Erkrankungen“ mit großer Sorge. „Die vorgeschlagenen Maßnahmen greifen in Grundrechte ein, verengen die Sicht auf psychische Erkrankungen und gefährden zentrale Elemente psychotherapeutischer Versorgung“, warnt Gebhard Hentschel, DPtV-Bundesvorsitzender. „Das Bedürfnis nach Sicherheit angesichts schwerer Gewalttaten ist nachvollziehbar. Gerade deshalb braucht es aber Lösungen, die Vertrauen schaffen und Hilfe für psychisch erkrankte Personen bereithalten.“
Psychotherapeutische Schweigepflicht rechtlich geschützt
„Der Beschluss der Innenministerkonferenz zielt nur auf eine kleine Risikogruppe, vermittelt aber den Eindruck, psychische Erkrankungen seien grundsätzlich ein sicherheitsrelevantes Merkmal“, sagt Elisabeth Dallüge aus dem DPtV-Bundesvorstand. Ein zentraler Kritikpunkt der DPtV sei der geplante Austausch sensibler Gesundheitsdaten mit Polizei-, Justiz- und Ausländerbehörden. „Die psychotherapeutische Schweigepflicht ist rechtlich geschützt und für das Vertrauensverhältnis in der Behandlung unerlässlich. Wird dieser Schutz infrage gestellt, steigt die Schwelle, überhaupt Hilfe zu suchen – und genau das gefährdet Prävention und Stabilisierung.“
Psychotherapeutische Expertise nutzen
„Wir müssen bei der Unterbringung behandlungsbedürftiger Menschen eine wichtige Versorgungslücke wirksam schließen“, fordert Dallüge. Für Unterbringungsgutachten seien derzeit ausschließlich Ärzt*innen zugelassen – doch fehlende Kapazitäten führen dazu, dass diese Aufgaben nicht in ausreichendem Maß vorgenommen werden. „Psychologische Psychotherapeut*innen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen verfügen über die erforderliche klinisch-diagnostische Expertise und sind ebenfalls in der Versorgung aktiv“, betont Dallüge. „Es ist sowohl fachlich wie versorgungspolitisch sinnvoll, diese Ressource zu nutzen.“ Statt neuer Kontrollstrukturen braucht es den Ausbau psychosozialer Hilfen, verbindliche multiprofessionelle Zusammenarbeit und flächendeckende Versorgung. Die DPtV fordert präventiv wirksame Strukturen – etwa spezialisierte Ambulanzen mit niedrigschwelliger Diagnostik, Krisenintervention und sozialer Vernetzung. Dies bekräftigt sie mit der Mitzeichnung des von der DGPPN erarbeiteten Positionspapiers „Gewalttätiges Verhalten bei Menschen mit psychischen Erkrankungen. Wie hoch ist das Risiko und wie lässt es sich begrenzen?“. „So kann Risikomanagement gelingen – ohne Stigmatisierung, mit echten Hilfen und unter Wahrung der Rechte Betroffener“, sagt Dallüge.