KV-Wahlen 2022

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) hat großen Einfluss auf die tägliche Arbeit in Ihrer psychotherapeutischen Praxis. Von der Kassensitz-Verteilung bis zur Verhandlung von Budgets, Honoraren und Verträgen mit den Krankenkassen organisieren sie die ambulante Versorgung in Ihrer Region. Die von Ihnen gewählten KV-Vertreter*innen setzen sich für die Interessen und Nöte aller Psychologischen Psychotherapeut*innen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen ein – nicht nur in der Vertreterversammlung, sondern auch in weiteren Gremien, etwa im Finanzausschuss, Zulassungsausschuss oder im Beratenden Fachausschuss Psychotherapie.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) ist die Dachorganisation der 17 Länder-KVen und vertritt die Interessen der Vertragspsychotherapeut*innen auf Bundesebene – etwa bei Honorarverhandlungen, der Bedarfsplanung oder der Psychotherapie-Richtlinie gegenüber den Krankenkassen. Die sechs psychotherapeutischen Mitglieder in der 60-köpfigen KBV-Vertreterversammlung werden aus den gewählten psychotherapeutischen Mitgliedern der Länder-KVen gewählt.

Psychologische Psychotherapeut*innen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen mit einer Kassenzulassung, einer von der KV genehmigten Anstellung von mindestens 10 Stunden oder am Krankenhaus ermächtigte sind KV-Mitglieder und dürfen wählen.

Ein Berufsverband wie die DPtV ist nah dran an den Bedürfnissen, Interessen und Erfahrungen seiner Mitglieder. Jeden Tag erhalten wir in Mails, Anrufen und persönlichen Gesprächen Einblick in den Praxis-Alltag. Ihre Stimme in der KV-Wahl ermöglicht uns, unser Wissen um die Nöte und Forderungen der Psychotherapeut*innen in die Gremien der Selbstverwaltung und in die Politik zu tragen. Für die KV-Vertreter*innen ist die DPtV ein wichtiges Netzwerk, das Austausch und konkrete Unterstützung in ihrer ehrenamtlichen Arbeit bietet.

In der laufenden Wahlperiode gab es viel zu tun: Die 2017 eingeführte Psychotherapeutische Sprechstunde und Akutbehandlung sollte zunächst geringer vergütet werden. Gemeinsam konnte erreicht werden, dass sie nun im Schnitt zehn Prozent besser vergütet werden. Die Verordnung von Krankenhauseinweisungen, Krankentransporten, Soziotherapie und medizinischer Rehabilitation sowie später Ergotherapie, psychiatrischer Krankenpflege und digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) konnte durchgesetzt werden. 2018 gelang eine dauerhafte Honorarerhöhung von zehn Prozent für psychotherapeutische Leistungen, der Strukturzuschlag wird regelmäßig angepasst und ein 15 % Zuschlag für die ersten 10 Sitzungen der KZT wurde etabliert. 2019 konnten bundesweit ca. 800 zusätzliche Psychotherapeutensitze geschaffen werden. Videositzungen wurden etabliert, mit der Corona-Krise 2020 gelang es uns, die Begrenzungen der Video-Sprechstunden zeitweilig auszusetzen und telefonische Konsultationen zu ermöglichen. Mit Unterstützung der KBV haben wir uns zudem 2021 erfolgreich gegen die bevormundende „Rasterpsychotherapie“ durchgesetzt.

Die Praxiskosten, die Aufwendungen für die Telematikinfrastruktur und für Praxispersonal steigen. Wir setzen uns für gerechte und verbindliche gesetzliche Honorar-Vorgaben und für die Umsetzung der Urteile des Bundessozialgerichtes durch den Bewertungsausschuss ein. Wir fordern die Anpassung der psychotherapeutischen Vergütung an die der Facharzt-Honorare und eine jährliche Überprüfung und Nachjustierung. Außerdem muss der zusätzliche Aufwand der Leistungen in der neu beschlossenen Komplexversorgung psychisch erkrankter Menschen vergütet werden.

Wir setzen uns für den Erhalt des Antragsverfahrens mit einem schlanken Genehmigungsverfahren und damit für den Erhalt der Stundenkontingente in der Richtlinienpsychotherapie ein. Das Gutachterverfahren muss als Genehmigungsverfahren noch einmal deutlich entbürokratisiert werden.

Qualitätssicherung darf nicht in die psychotherapeutische Behandlung eingreifen. Sie darf auch nicht zu einem bürokratischen Monstrum zur Erzeugung von Datenfriedhöfen werden. Ein Benchmark psychotherapeutischer Praxen lehnen wir ab. Diese Gefahren sehen wir im aktuellen Konzept des IQTIG. Wir fordern daher eine umfassende Überarbeitung der geplanten Qualitätssicherungs-Maßnahmen. Sie müssen sinnvoll die psychotherapeutische Behandlung unterstützen anstatt Psychotherapeut*innen mit zusätzlicher bürokratischer Arbeit zu belasten. Außerdem fordern wir, dass bestehende sinnvolle QS-Maßnahmen wie Intervision, Supervision, Qualitätszirkel und Fallkonferenzen anerkannt und gefördert werden.

Die Probleme der Telematikinfrastruktur zeigen: Wir brauchen eine Digitalisierung im Gesundheitswesen, die vom Bedarf der Praxen her gedacht wird. Nur digitale Anwendungen, die Arbeitsabläufe vereinfachen, Zeitersparnis bringen und die Versorgung verbessern, dürfen eingeführt werden. Die Verschwendung von Ressourcen muss gestoppt werden.
Für Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) fordern wir einen Nachweis der Wirksamkeit und einen belastbaren Datenschutz. Patient*innen dürfen nicht zu „Versuchskaninchen“ der Digitalisierung werden. Die Verordnung der Apps darf nur über Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen erfolgen.

Trotz Nachbesserungen der Bedarfsplanung ist der Zugang zu psychotherapeutischer Behandlung aus Kapazitätsgründen oft nur eingeschränkt möglich. Die Wartelisten sind teilweise lang. Wir fordern daher zusätzliche psychotherapeutische Kassensitze in unterversorgten Regionen im ländlichen Raum und in strukturschwachen Gegenden.
Die ambulanten Versorgungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen müssen verbessert werden.

Die Versorgung von Patient*innen mit komplexem Behandlungsbedarf muss verbessert werden. Die dafür beschlossene Richtlinie für Menschen mit komplexem psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlungsbedarf (KSVPsych-Richtlinie) weist erhebliche bürokratische Hürden und Einschränkungen auf. Wir setzen uns für eine realistisch umsetzbare Richtlinie ein – und für eine angemessene Finanzierung des Zeit- und Koordinierungsaufwands. Bürokratiearm, vernetzt, wohnortsnah – nur so profitieren die betroffenen Patient*innen tatsächlich von einem neuen Versorgungsangebot!