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40 Prozent mehr Patientenanfragen: Corona kommt in Praxen an
„Die Nachfrage nach Psychotherapie hat während der Corona-Pandemie stark zugenommen. Nun müssen Lösungen gefunden werden, wie man den Patient*innen helfen kann“, sagt Gebhard Hentschel, Bundesvorsitzender der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung (DPtV). Eine Blitzumfrage des Verbands mit 4693 Teilnehmer*innen zeigte, dass im Vergleich zum Vorjahreszeitraum die Patientenanfragen in Praxen um durchschnittlich 40 Prozent angestiegen sind. Nur jede/r vierte aktuell anfragende Patient*in erhält laut Umfrage einen Termin für ein erstes Gespräch. „Wir brauchen in den Praxen flexiblere Reaktionsmöglichkeiten auf die zunehmenden Anfragen. So muss die psychotherapeutische Telefonkonsultation Anfragenden zugänglich gemacht werden – nicht nur den Patient*innen, die sich bereits in Therapie befinden“, fordert Hentschel. Die Hälfte der Anfragenden müsse laut Umfrage länger als einen Monat auf ein Erstgespräch warten. „Das ist Patient*innen nicht zumutbar, die Praxen unserer Mitglieder werden förmlich überrannt. Für Psychotherapeut*innen ist es bedrückend, dass sie nicht jedem eine Therapie anbieten können“, betont Hentschel. 77 Prozent der Umfrageteilnehmer*innen gaben an, dass diese Situation sie belaste.
Drittel wartet länger als halbes Jahr
In der Umfrage wurden die DPtV-Mitglieder gebeten, die Anfragen einer aktuellen Januar-Woche mit dem gleichen Zeitraum im Jahr 2020 zu vergleichen. Wurden im vergangenen Jahr im Schnitt 4,9 Patientenanfragen pro Woche gestellt, waren es 2021 6,9 Anfragen. Allein der Anteil an Psychotherapeut*innen, die mehr als zehn Anfragen pro Woche erhielten, verdoppelte sich dabei. „Psychotherapeutische Praxen waren bereits vor der Corona-Pandemie ausgelastet. Bei diesen Zahlen fällt es den Mitgliedern schwer, die Patient*innen schnell in eine psychotherapeutische Behandlung zu bringen“, sagt der Bundesvorsitzende. Nur zehn Prozent der Anfragenden könnten innerhalb eines Monats einen Behandlungsplatz erhalten. 38 Prozent müsse länger als sechs Monate warten. „Hier ist ein schnelles und unbürokratisches Angebot nötig – etwa eine Akutbehandlung per psychotherapeutischer Videositzung“, fordert Hentschel. „Die Videositzungen wurden seit Beginn der Pandemie von Psychotherapeut*innen und Patient*innen positiv angenommen, auch wenn sie mit Nachteilen verbunden sind. In einer DPtV-Umfrage im April 2020 gaben 77 Prozent der Teilnehmer*innen an, die Möglichkeit der Videositzungen zu nutzen.“
Privatpraxen: plus 61 Prozent
In den psychotherapeutischen Privatpraxen (6,3 Prozent der Umfrageteilnehmer*innen) sieht es nicht besser aus als in den Praxen mit Kassensitz. Die aktuelle Anzahl der Patientenanfragen liegt mit sechs pro Woche etwas niedriger als in Kassenpraxen (7,1 pro Woche). Im Vergleich zum Januar 2020 beträgt die Zunahme der Anfragen jedoch 61 Prozent. Nur jeder/m fünften Patient*in kann in der Privatpraxis zur Zeit ein Termin für ein Erstgespräch angeboten werden. „Die Situation der Patient*innen könnte man derzeit kurzfristig verbessern, wenn die Krankenkassen Kostenerstattungsanträge nach §13 Abs. 3 SGB V schneller bewilligten. Das bedeutet, dass gesetzliche Versicherten auch die Therapie bei privaten Psychotherapeut*innen bezahlt wird“, sagt Gebhard Hentschel.
Stärkerer Anstieg in Großstädten
Regional zeigt die Umfrage nur geringe Unterschiede: In Großstädten ist der Anstieg der Patientenanfragen 46 Prozent höher als im Vorjahr, in kleineren Städten und Gemeinde 38,5 Prozent. In letzteren ist jedoch der Anteil der Patient*innen, die mehr als ein halbes Jahr auf einen Behandlungsplatz warten müssen, etwas höher (42,3 vs. 35,3 Prozent).