LunchTalk 2021

Fakt und Fake: Meinungsbildung in der digitalen Welt

Warum glauben wir Fake-Infos auf Social Media? Wie können wir sie eindämmen? Wie erwirbt man Medienkompetenz? Die psychologischen Prozesse in den Sozialen Medien standen im Zentrum des LunchTalks „Fakt und Fake: Meinungsbildung in der digitalen Welt“ der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung (DPtV) am 4. November 2021. Mehr als 370 Teilnehmer*innen verfolgten die Online-Diskussion mit Prof. Dr. Nicole Krämer (Universität Duisburg-Essen), Dr. Tobias Schmid (Direktor der Landesanstalt für Medien NRW) und dem DPtV-Bundesvorsitzenden Gebhard Hentschel.

Fake News nachträglich kaum zu korrigieren
„Das Internet besteht aus Menschen“, betonte Prof. Krämer, die mit einer Übersicht zur aktuellen Forschung manches Missverständnis ausräumte. So seien vor allem Menschen für die Weiterleitung von Falschinformationen verantwortlich. „Social Bots, die automatisch Meldungen verbreiten, sind eher selten. Auf Twitter werden 59 Prozent der Links geteilt, ohne aufgerufen worden zu sein.“ Banal seien die „Fake News“ keineswegs. „Eine einmal verarbeitete Information ist nur sehr schwer nachträglich zu korrigieren“, warnte die Wissenschaftlerin. Doch man könne aktiv werden: „Menschen sollten gegen Falschinformationen ,geimpft‘ werden: Man sollte Quellen prüfen – auch Warnhinweise an Meldungen sind eine gute Möglichkeit!“

Manipulationen täuschen Relevanz vor
Als „Operation an der Herzkammer freier Medien“ beschrieb Dr. Schmid die Tätigkeit seiner Regulierungsbehörde. „Wahr oder unwahr sind bei uns keine Kriterien. Wir prüfen, ob ein Anbieter gegen journalistische Sorgfalt verstößt.“ Außerdem forderte er, dass nicht die Plattformen bestimmen sollten, welche Inhalte zu sehen seien – sondern die Gesellschaft durch die Parlamente: „Gegen die Manipulation von Inhalten, Reichweiten und Identitäten in den Social Media sollte der Gesetzgeber vorgehen.“ Denn diese täuschten Nutzer*innen eine künstliche Relevanz von Falschmeldungen vor.

Falschinformationen werden zu „Infodemie“
Die anschließende Diskussion zeigte ein großes Interesse der LunchTalk-Teilnehmer*innen, die online Fragen stellen konnten. „Desinformationen sind ein hochsensibles Thema, das gerade in der Pandemie zum Tragen kam“, betonte Moderator Hentschel. „Es wurde deutlich, wie schnell sich Falschinformationen verbreiten und zu einer ,Infodemie‘ verfestigen können.“

Unsere Podiumsgäste

Prof. Dr. Nicole Krämer ist Professorin für Sozialpsychologie, Medien und Kommunikation an der Universität Duisburg-Essen. Sie schloss 2001 ihre Dissertation an der Universität zu Köln ab und habilitierte 2006 an der Universität zu Köln zur sozialen Wirkung virtueller Assistenten. Sie absolvierte längere  Forschungsaufenthalte an der Cambridge University (2003) und verschiedenen US-Universitäten (2015). In ihrer Forschung  fokussiert sie sowohl sozial- und medienpsychologische Aspekte der Mensch-Technik-Interaktion als auch der computervermittelten Interaktion. Sie leitet mehrere Forschungsprojekte zur Meinungsbildung in sozialen Medien, den gesellschaftlichen Auswirkungen Künstlicher Intelligenz sowie zu psychologischen Aspekten von Privatheit.

Dr. Tobias Schmid ist Direktor der Landesanstalt für Medien in Nordrhein-Westfalen und Europabeauftragter der Direktorenkonferenz der deutschen Landesmedienanstalten (DLM). Zudem ist er seit dem 1. Januar 2020 Vorsitzender der European Regulators Group for Audiovisual Media Services (ERGA) und seit dem 1. April 2021 Mitglied im Fachausschuss für Kommunikation und Information der Deutschen UNESCO-Kommission. Tobias Schmid war von 2005 bis 2016 als Bereichsleiter Medienpolitik bei der Mediengruppe RTL Deutschland und von 2010 bis 2016 als Executive Vice President Governmental Affairs bei der RTL Group tätig. Daneben engagierte sich der promovierte Jurist auch im Verband Privater Rundfunk und Telemedien (jetzt: Verband privater Medien – VAUNET), von 2012 bis 2016 als Vorstandsvorsitzender.

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