Aktuelles
Am 24.11. geänderte Psychotherapie-Richtlinie wird vom BMG nicht beanstandet
Am 16. Juni 2016 wurde vom Plenum des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) eine reformierte Psychotherapie-Richtlinie beschlossen - die erste große Novellierung seit ihrer Einführung in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Zu den Einzelheiten des Beschlusses informierten wir Sie in unserem letzten Mitgliederbrief und waren bundesweit mit zahlreichen Informationsveranstaltungen vor Ort. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) als Aufsichtsbehörde für den G-BA hat von seinem Recht Gebrauch gemacht, diesen Beschluss – wenn auch nur in Teilen – zu beanstanden und Nachbesserungen zu verlangen.
In den Schreiben des BMGs vom 08. August und 09. September 2016 wurden die neuen Leistungsangebote Sprechstunde, Akutbehandlung und die veränderte Rezidivprophylaxe als solche bestätigt. Damit gehören diese ab dem 01. April 2017 zum Leistungsspektrum einer psychotherapeutischen Kassenpraxis.
Was wurde in den beiden Schreiben vom BMG gefordert und beanstandet, und welche Änderungen wurden daraufhin am 24.11.2016 beschlossen?
Psychotherapeutische Sprechstunde
Das BMG stellte in seinem Schreiben am 09.09. 16 klar: „Eine Regelung, nach der es der Psychotherapeutin oder dem Psychotherapeuten generell freisteht, psychotherapeutische Sprechstunden anzubieten, ist von der Richtlinienkompetenz des G-BA nicht umfasst… Der Regelungsauftrag bezieht sich…. auf das ‚wie‘ der Einrichtung psychotherapeutischer Sprechstunden, nicht auf die Frage, ‚ob‘…“.
Dieser Auflage des BMG wurde vom G-BA mit der Streichung der „Kann“-Regelung für Psychotherapeuten Rechnung getragen.
Das bedeutet, zukünftig muss die Psychotherapeutische Sprechstunde zum Angebotsspektrum einer jeden Psychotherapeutin und eines jeden Psychotherapeuten gehören.
Der Umfang des Angebots von Psychotherapeutischen Sprechstunden wird nun mit „in der Regel 100 Minuten“ bei einem vollen Versorgungsauftrag bzw. 50 Minuten bei einem halben Versorgungsauftrag definiert.
Zur Erfüllung des Sicherstellungsauftrages können die regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen von diesem Regelfall abweichende Ansprüche an die zu erbringenden Sprechstunden formulieren.
Weiter sorgte sich das BMG um die ausreichende Versorgung der Patienten mit Psychotherapeutischen Sprechstunden, wenn diese verpflichtend bleiben sollten für eine anschließende psychotherapeutische Behandlung.
Das Plenum des G-BA hat nun beschlossen, dass die Verpflichtung zur Sprechstunde für Patienten bis zum 31. März 2018 ausgesetzt wird.
Bis dahin wird angenommen, dass sich das Sprechstundenangebot in den ambulanten Praxen soweit etabliert hat, dass der Zugang der Patienten zur psychotherapeutischen Versorgung hinreichend sichergestellt ist.
Telefonische Erreichbarkeit
Im Zuge der überarbeiteten Sprechstunde wurden auch die Zeiten für die telefonische Erreichbarkeit angepasst. Zukünftig sollen alle Psychotherapeuten mit vollem Versorgungsauftrag 200 Minuten telefonische Erreichbarkeit vorhalten, Kolleg/innen mit halbem Versorgungsauftrag 100 Minuten.
Psychotherapeutische Akutversorgung
Die Psychotherapeutische Akutversorgung wurde in ihren Grundzügen nicht verändert und bleibt so bestehen, wie sie im Juni beschlossen wurde.
Das BMG weist hier allerdings auf eine Formalie zum Datenschutz hin:
Das in der Psychotherapievereinbarung zu definierende Antragsformular zur Akutversorgung soll eine Einwilligungserklärung der Patienten zur Weitergabe des Antragsformulars an die Krankenkassen beinhalten.
Kurzzeittherapie
Mit dem Beschluss vom 16. Juni 2016 wurde die von uns scharf kritisierte Zweiteilung der Kurzzeittherapie verabschiedet. Diese Beschlussfassung sieht vor, dass Kurzzeittherapien zukünftig nicht gutachterpflichtig sind, allerdings besteht für beide Teile der Kurzzeittherapie eine Antragspflicht. Vorgesehen war, dass die Psychotherapie als genehmigt gilt, wenn dem Antrag seitens der Krankenkassen nicht innerhalb von drei Wochen widersprochen wird.
Dieses Verfahren ist laut BMG nicht zulässig, denn „eine Praxis, wonach die Krankenkassen Anträge auf Kurzzeittherapie zur eigenen Entlastung grundsätzlich unbeantwortet lassen, wäre sowohl mit den gesetzlichen Vorgaben zum Patientenrechtegesetz als auch mit den Vorgaben der PT-RL nicht vereinbar.“ Dieser Auflage muss Folge geleistet werden und wird in der Psychotherapievereinbarung nachverhandelt.
Angedacht ist eine zeitnahe Rückmeldung der Krankenkasse an den Patienten bei Beantragung einer Kurzzeittherapie.
Die DPtV begrüßt diese Auflage des BMG ausdrücklich, birgt doch die dreiwöchige Wartefrist für Patienten Unsicherheiten bezüglich ihres Anspruches auf Behandlung bzw. Weiterbehandlung.
Qualifikation von Gutachtern
Die im Juni verabschiedete Richtlinie sah im Bereich der Qualifikation von Gutachtern eine Altersbegrenzung von 55 Jahren für neu berufene Gutachter/innen vor. Hierin sah das BMG eine Diskriminierung einer Altersgruppe. Der entsprechende Passus wurde in der PT-RL nun gestrichen.
Dokumentationsbögen
Vom BMG beanstandet wurde § 38 der PT-RL nebst Anlage 2, dieser Paragraph regelt die ebenfalls von der DPtV scharf kritisierten Dokumentationsbögen und deren Einsatz.
Das BMG stuft die Dokumentationsbögen als „rechtswidrig“ ein, da sie eine „für die genannten Zwecke nicht erforderliche Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten vorsehen“. Auch sollte der G-BA sich mit den „im Rahmen des Stellungnahmeverfahrens eingegangenen Einwände(n) und Änderungswünsche(n) ...“ noch einmal inhaltlich auseinandersetzen.
Mit dem aktuellen Beschluss entfällt der Dokumentationsbogen vollständig.
Verbunden mit dem Verzicht auf den Dokumentationsbogen ist die Absichtserklärung, dass ein Antrag an das Plenum des G-BA gestellt wird, den Unterausschuss Qualitätssicherung (UA QS) zu beauftragen, zeitnah ein einrichtungsübergreifendes Qualitätssicherungsverfahren zur ambulanten psychotherapeutischen Versorgung gesetzlich Krankenversicherter zu entwickeln.
Dieses soll vom Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) vorbereitet werden und die Ergebnisse der Konzeptskizze des AQUA-Institutes vom 17.12.2015 für ein ebensolches QS-Verfahren einbeziehen. Die Details des Antrags werden zurzeit noch vom GKV-SV und der KBV beraten. Wir kritisieren allerdings schon jetzt, dass im UA QS KBV-seitig kein/e Psychotherapeut/in Mitglied oder Berater/in ist.
Vor dem 01.04.2017 sollen sowohl die Verhandlungen in den Psychotherapie-Vereinbarungen als auch die zur Vergütung der neuen Leistungen abgeschlossen sein.
Nach Abschluss aller Verhandlungen veranstalten wir bundesweit weitere Informationsveranstaltungen und Workshops, die Sie auch auf die praktische Anwendung der reformierten PT-RL und die Umsetzungsmöglichkeiten in Ihrer Praxis vorbereiten.
Am 8.12.16 teilte das BMG mit, dass es die Beschlüsse vom 24.11. nicht beanstandet. Die reformierte Psychotherapie-Richtlinie tritt somit am Tag der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
Hier finden Sie die Vorabfassung der Psychotherapie-Richtlinie mit allen Änderungen vom 24.11.2016
Wir werden Sie über weitere Updates zum Thema umgehend online und in unseren Publikationen informieren.