Aktuelles
Bundestag beschließt neue Ausbildungsstruktur für Psychotherapeut*innen
„Die Ausbildungsreform der Psychotherapeut*innen ist ein großes Ziel, das wir über viele Jahre verfolgt haben. Mit dem Beschluss des Bundestages gilt auch für die Psychotherapeut*innen die bei den anderen Heilberufen bewährte Struktur von grundständiger Ausbildung an der Universität und anschließender Weiterbildung. Das ist ein bedeutender Schritt für die Psychotherapie in Deutschland“, freut sich Barbara Lubisch, Bundesvorsitzende der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung (DPtV). Das Psychotherapeutenausbildungsreformgesetz (PsychThGAusbRefG) wurde am späten Abend nach kurzer Diskussion mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen verabschiedet. Das Gesetz benötigt noch die Zustimmung des Bundesrates und soll zum 1.September 2020 in Kraft treten.
Verbesserungen für zukünftige Psychotherapeut*innen und die Versorgung
Die DPtV-Bundesvorsitzende begrüßt, dass in den Verhandlungen der letzten Wochen noch Verbesserungen erreicht werden konnten. So werden die jetzigen Psychotherapeut*innen in Ausbildung (PiA) für die Übergangszeit eine finanzielle Unterstützung erhalten. Die zukünftig im Anschluss an das Studium vorgesehene Approbationsprüfung ermöglicht es, dass die jungen Psychotherapeut*innen dann – analog zu anderen Heilberufen – eine mehrjährige Weiterbildung absolvieren. Diese erfolgt in praktischer Berufstätigkeit, womit ein Anspruch auf Vergütung entsteht. „Dies ist eine deutliche Verbesserung, wenngleich eine angemessene Vergütung noch nicht erreicht ist“, betont Barbara Lubisch. „Die Unterfinanzierung der zukünftigen Weiterbildung ist enttäuschend. Für eine Bezahlung nach Tarif werden wir uns weiter einsetzen.“
Einbeziehung von Prävention und Rehabilitation
Die Befugnis zur Verordnung von psychiatrischer Krankenpflege und Ergotherapie wird auch auf die nach bisherigem Recht approbierten Psychologischen Psychotherapeut*innen und Kinder- und Jugendpsychotherapeut*innen ausgedehnt und kann somit kurzfristig den Patient*innen zugutekommen. Die Einbeziehung von Prävention, Rehabilitation und Gutachtenerstellung als Teil der psychotherapeutischen Tätigkeit ist positiv, ebenso die vorgesehene Förderung der Gruppentherapie. Die Möglichkeit, probatorische Sitzungen im Krankenhaus durchzuführen wird die Überleitung von stationärer in ambulante Behandlung erleichtern.
Berufsgruppenübergreifende Versorgung
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) wurde beauftragt, eine neue Richtlinie mit einem Versorgungsangebot für schwer psychisch Kranke mit komplexem psychotherapeutischen oder psychiatrischen Behandlungsbedarf zu erarbeiten. Die Elemente einer berufsgruppenübergreifenden, koordinierten und strukturierten Versorgung inklusive der Vergütung der dafür notwendigen Leistungen sollen zügig entwickelt werden. „Damit werden die schon vor Jahren mit Unterstützung der KBV-Vertragswerkstatt begonnenen Überlegungen zur Einführung einer gleichberechtigten Kooperation von Psychiatern und Psychotherapeuten fortgeführt. Wir haben mit dem Projekt ,Neurologische psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung‘ (NPPV) schon gute Erfahrungen gemacht und freuen uns, dass solche Konzepte endlich in der Versorgung ankommen“, kommentiert Lubisch.
„Schneller und billiger“ funktioniert in der Psychotherapie nicht
Die DPtV begrüßt die geplante finanzielle Förderung der ersten zehn Sitzungen von Kurzzeittherapien als Berücksichtigung des höheren Aufwands bei der Aufnahme neuer Patient*innen. Die Regelung könnte die Gefahr von Fehlanreizen bieten. Die notwendige Durchführung von Langzeittherapien darf dadurch nicht beeinträchtigt werden. Die geplante Ablösung des Antrags- und Gutachterverfahrens durch andere Maßnahmen der Qualitätssicherung kann spürbar von zeitlichem und bürokratischem Aufwand entlasten. Der dadurch bisher gesicherte Rahmen geschützter Zeitkontingente zur ausreichend intensiven Behandlung muss erhalten bleiben“, erklärt Lubisch. „‚Schneller und billiger‘ funktioniert in der Psychotherapie nicht. Patient*innen brauchen die vertrauensvolle Beziehung und Zuwendungszeit mit gesicherten Behandlungskontingenten.“
Fristen für neue Richtlinien verlängern
„Es ist überraschend, wie kurzfristig und in welcher Detailtiefe hier der Selbstverwaltung Vorgaben gemacht werden“, erklärt die DPtV-Bundesvorsitzende. „Wir hätten uns hier ausreichend Zeit zur fachlichen Beratung und Diskussion mit dem Berufsstand gewünscht.“ Die Fristen zur Erarbeitung der neuen Richtlinien sollten verlängert werden, damit die Ergebnisse der gerade erst vom Innovationsfonds bewilligten Evaluationen zur Psychotherapierichtlinie berücksichtigt werden können.
Enorme Herausforderungen für den Berufsstand
Mit dem Beschluss kommen große Aufgaben auf die Universitäten und die Psychotherapeutenkammern zu. Die Studiengänge müssen eingerichtet werden, die darauf aufbauenden Weiterbildungsordnungen erarbeitet werden. Ein Wermutstropfen: Die dafür essentiell notwendige Approbationsordnung liegt noch nicht vor. „Wir appellieren an das Bundesministerium für Gesundheit, diese nun zügig und im Sinne der Anforderungen aus der Profession vorzulegen“, sagt Lubisch. Die Erarbeitung der neuen Richtlinien sollte unter Beteiligung des Berufsstandes erfolgen.