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  • Veröffentlichungsdatum 12.11.2020
  • Ort Berlin
  • Art Pressemitteilung

Corona-Weihnachten – Stille Nacht, einsame Nacht?

DPtV-Empfehlungen zum Fest in Pandemie-Zeiten

Die Corona-Pandemie hat viele Gewohnheiten und Alltagsstrukturen auf den Kopf gestellt. Mitte November bereiten sich viele bereits auf die nächste Aufgabe vor: Weihnachten unter Pandemie-Bedingungen. Das Fest wird für viele anders sein als sonst – kleiner, vielleicht einsamer, improvisiert. Die Deutsche PsychotherapeutenVereinigung (DPtV) hat Empfehlungen formuliert, die für psychische Entlastung sorgen können.

Traditionen und Rituale der Weihnachtszeit dienen aus psychologischer Sicht dazu, gemeinsame Identität und Zugehörigkeit zu stiften. Gerät dies ins Wanken, kann bei all der gesellschaftlichen Unsicherheit in der Pandemie eine zusätzliche psychische Belastung entstehen. Zudem ist in der „dunklen Jahreszeit“ das Risiko einer saisonalen Depression ohnehin erhöht.

Die DPtV empfiehlt daher …

  1. Perspektiven schaffen. Unsere Psyche will wissen, was als nächstes kommt. Die Kernfrage dieses Jahr ist: Wie verbringe ich Weihnachten, wenn mir meine sonst gewohnte soziale Gruppe nicht zur Verfügung steht? Seien es Familie, Freunde, der Kirchenbesuch, das Restaurant oder die Bar nebenan. Sprechen Sie rechtzeitig darüber, mit wem und wie Sie Weihnachten verbringen werden. Vermeiden Sie die Frage nicht, denn ein Hin-und-Hergerissen sein (kognitive Dissonanz) macht der Psyche zusätzlichen Stress. Überlegen Sie im Einzelfall auch, welche Möglichkeiten es gibt, mit einer freiwilligen Vorab-Quarantäne Risikopatient*innen besonders zu schützen und den Kontakt über Weihnachten zu halten. Machen Sie einen Plan.
     
  2. Ideen hamstern. Auch Ideen lassen sich hamstern. Könnten Sie Plätzchen backen, Weihnachtsbaum schmücken auch per Videotelefonat? Würde sich jemand über Briefe, Fotos, Päckchen freuen? Stellen Sie emotionale Nähe statt physischer Nähe her. Wenn Sie Weihnachten nicht allein bleiben wollen, gehen Sie es jetzt aktiv an. Sprechen Sie andere Menschen an, erlauben Sie sich, um Unterstützung zu bitten.
     
  3. Zeit statt Zeug. Einiges wird in der Pandemie neu gedacht und erlebt. Vielleicht auch unser Konsumverhalten in der Weihnachtszeit? Vielleicht ist es auch entlastend, nicht für viele Leute kochen zu müssen, weniger unterwegs zu sein, weniger „Feiertagsstress“ zu haben? Überlegen Sie, wie Sie sich bewussten Genuss und Zeit für Schönes gönnen können.
     
  4. Radikale Akzeptanz. Es ist verständlich, dass Veränderungen in der Weihnachtszeit durch die Pandemie traurig oder wütend machen können. Das Konzept der Radikalen Akzeptanz beschreibt die aktive Entscheidung, Dinge, die man nicht beeinflussen kann, zu akzeptieren – und zwar radikal. Dies bedeutet nicht, etwas gutzuheißen oder einverstanden zu sein, sondern lediglich, die Realität so zu sehen, wie sie ist. Erfolgt dieser psychologische Prozess bewusst als Entscheidung, kann eine Radikale Akzeptanz Selbstwirksamkeit und das Erleben von Handlungsfähigkeit stärken und schleichender Frustration oder sogar Hilflosigkeit entgegenwirken.
     
  5. Vorfreude durch Zukunftsprojektion. Auch diese Krise wird vorübergehen. Das bedeutet nicht, den Ernst der Lage zu verharmlosen. Es bedeutet auch nicht, „einfach“ positiv zu denken. Machen Sie weitere Pläne, was Sie nach der Pandemie machen wollen. Mit wem werden Sie dann feiern? Wohin in den Urlaub fahren? Von wem in den Arm genommen werden? Je genauer wir es uns vorstellen, je mehr Sinne wir dabei nutzen, umso stärker wirkt die Imagination. Denn unser Gehirn hat genug gute Erinnerungen gespeichert, um zu wissen, wie es sich anfühlt und kann dann darauf reagieren.


Dr. phil. Dipl.-Psych. Christina Jochim
Kooptiertes Mitglied im DPtV- Bundesvorstand und Mitglied im DPtV-Landesgruppenvorstand Berlin

Dipl.-Psych. Amelie Thobaben
Vorsitzende der DPtV-Landesgruppe Bremen