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DPtV fordert mehr Aufmerksamkeit für Abhängigkeitserkrankungen
Die psychotherapeutische Behandlung und Prävention von Suchterkrankungen müssen nach Ansicht der Bundesvorsitzenden der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung (DPtV) Dipl.-Psych. Barbara Lubisch mehr in den Blick genommen und ergänzt werden. Suchterkrankungen haben eine komplexe Genese und verlaufen in der Regel chronisch. Bei der Behandlung der stoffgebundenen wie stoffungebundenen Süchte sind strukturelle Verbesserungen in den psychotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten vorzusehen.
Neben dem persönlichen Leid der Erkrankten und der mitbetroffenen Familien sei auch die gesamte Volkswirtschaft durch Folgen der Suchterkrankungen belastet. So entstehen nach Zahlen der Bundesregierung alleine durch suchtmäßigen Alkoholkonsum jährlich Schäden in Höhe von rund 40 Milliarden Euro. „Das ist ein Missverhältnis zwischen Schäden und den aufgewendeten Mitteln für Behandlung und Prävention“, so Lubisch.
Sie fordert anlässlich des jährlichen DPtV-Symposiums, in diesem Jahr mit dem Thema ALTE UND NEUE SÜCHTE – WIE NÜTZLICH IST PSYCHOTHERAPIE; mehr Aufmerksamkeit der Gesellschaft, auch von Politik, Krankenkassen, Ärzten und Psychotherapeuten zum Thema Sucht. Die Richtlinien zur psychotherapeutischen Behandlung von Suchtkranken müssten überarbeitet werden. Die heutige Lage: Patienten können nur maximal zehn Sitzungen Psychotherapie erhalten, dann müssen sie für die Fortführung der Behandlung abstinent sein. „Das ist völlig unangemessen und unrealistisch und führt dazu, dass Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen nicht ausreichend ambulant psychotherapeutisch versorgt werden können“, schildert Lubisch die Situation. Auch die Suchtprävention müsse dringend verbessert und erweitert werden.
Der stellvertretende Bundesvorsitzende DPtV Dipl.-Psych. Gebhard Hentschel fordert, die fachübergreifende Behandlung der am Behandlungsprozess beteiligten Professionen müsse verbessert werden. „Ambulante Suchtbehandlung benötigt Möglichkeiten einer berufsgruppenübergreifenden, koordinierten und strukturierten Versorgung durch Psychotherapeuten, Psychiater, Hausärzte Sozialarbeiter/Suchtberatung, psychiatrische Krankenpflege und Soziotherapie“, betont Hentschel. Er fordert den Gesetzgeber auf, für die Kooperation neue Regelungen zu schaffen.
Dipl.-Psych. Dr. Tim Pfeiffer–Gerschel, Geschäftsführer des Instituts für Therapieforschung München stellt fest, dass 25 Prozent der Störungen auf vier Substanzgruppen entfallen (Alkohol, Nikotin, Medikamente, Cannabis, Kokain und Amphetamine), das entspricht rund 12,5 Millionen erwachsenen Menschen.
Nur im Zusammenwirken verschiedener gesellschaftlicher Partner können hier Erfolge erzielt werden: „Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten spielen in diesem Zusammenhang nach wie vor eine zu geringe Rolle – angesichts der Verbreitung von Substanzgebrauchsstörungen in der Bevölkerung muss der Umgang mit diesen Patientinnen und Patienten zum Alltag psychotherapeutischen Arbeitens gehören.“