Aktuelles
Information und Kommentar zur Telematik-Infrastruktur (TI)
Bis zum 31.12.2018 müssen gemäß gesetzlicher Vorgaben ärztliche und psychotherapeutische Praxen den Anschluss an die Telematik Infrastruktur (TI) umgesetzt haben. Diese Umsetzung dokumentieren sie mit der ersten Anwendung dieser Online- Anbindung, dem Stammdatenabgleich (VSDM) der auf der Versichertenkarte gespeicherten Patientendaten. Über eine online- Verbindung werden die Gültigkeit der Gesundheitskarte geprüft und die gespeicherten Daten ggf. aktualisiert.
Nach erheblichen Protesten der Ärzte/Psychotherapeutenschaft wurden zwar zeitliche Verzögerungen dieses Projektes erreicht. Dennoch hat der Gesetzgeber den Willen zur Einführung einer Online- Anbindung unmissverständlich bekräftigt und die KVen verpflichtet, die Nicht- Umsetzung ab dem 31.12.2018 mit einem 1%- igen Honorarabschlag zu sanktionieren.
Die technische Umsetzung dieses Projektes führte und führt noch immer zu weiteren erheblichen Störungen.
Laut gesetzlicher Regelung sind die Krankenkassen dazu verpflichtet, die Kosten für die Anschaffung der notwendigen technischen Infrastruktur (insbes. Konnektor für die geschützte Online- Anbindung) inkl. der Installation der Komponenten voll umfänglich zu erstatten.
Während im 1. und 2. Quartal 2018 bestellte, gelieferte und erfolgreich installierte Konnektoren (erster Stammdatenabgleich gilt als Nachweis) durch die mit dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-SV) ausgehandelten Pauschalen noch vollständig erstattet werden dürften, sinkt die derzeit ausgehandelte Erstattungspauschale im 3. und 4. Quartal erheblich. In den Verhandlungen sind die Vertragspartner davon ausgegangen, dass der Wettbewerb zwischen den Anbietern der Konnektoren zu einem Preisverfall dieser Geräte führen wird, der eine Absenkung der Pauschale rechtfertigt. Derzeit ist jedoch nur ein Konnektor lieferbar. Weitere Hersteller haben entsprechende Geräte im 2. Quartal 2018 angekündigt. Nur ca. 5% der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten konnten bisher erfolgreich an die TI angeschlossen werden.
Wo hakt es aktuell und was ist zu tun? Feststellen lässt sich, das die Pauschalen nur noch im 2. Quartal die aktuellen Kosten der Anbieter decken. Es ist jedoch derzeit nicht absehbar, ob die sinkenden Erstattungsbeträge im 3. und 4. Quartal die vermutete Preisentwicklung abbildet. Problematisch ist dabei vor allem, dass die gezahlten Pauschalen auf der Grundlage des Quartals erstattet werden, in dem Sie in Ihrer Praxis einen ersten Stammdatenabgleich (d.h. das Einlesen einer Versichertenkarte mit Online-Abgleich der Versichertendaten) durchgeführt haben. Wenn Sie also jetzt die benötigte TI-Technik bestellen, dann bekommen Sie nicht die Erstattung der Pauschale aus dem 1. Quartal, denn der Anbieter muss Ihnen den Konnektor erst liefern und installieren. Wenn Sie daher erst im 2. Quartal Ihren ersten Stammdatenabgleich machen können, z.B. wegen Lieferschwierigkeiten, dann bekommen Sie nur die niedrigere Pauschale des 2. oder gar 3. Quartals erstattet.
Deshalb empfiehlt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen derzeit folgendes: Wenn Sie jetzt bestellen, dann sollten Sie sich vom Anbieter der TI garantieren lassen, dass die Kosten die Finanzierungspauschalen des Quartals, in dem geliefert und installiert werden kann, nicht übersteigen. Ob dies die Anbieter akzeptieren werden ist unsicher, darüber haben wir keine zuverlässigen Informationen.
Alternativ können Sie mit der Bestellung der TI warten, bis in den nächsten Monaten weitere Anbieter von Konnektoren auf dem Markt sind. Das könnte zu einer Absenkung der Anschaffungspreise führen. Dabei reduzieren sich jedoch die Erstattungspauschalen von Quartal zu Quartal.
Es gibt in dem Vertrag zwischen KBV und GKV-SV, der die Finanzierung der Telematik Infrastruktur in den Praxen regelt, eine Nachverhandlungsklausel. Sollte es jedoch zu keinen Nachverhandlungen der Quartalspauschalen kommen bzw. diese nicht erfolgreich abgeschlossen werden, droht auch bei optimistischer Einschätzung der Preisentwicklung der Komponenten eine Unterfinanzierung durch den GKV-SV.
Abwarten oder jetzt bestellen- bei beiden Strategien ist erkennbar das Risiko erst einmal bei der Praxisinhaberin und beim Praxisinhaber.
Die derzeitigen Pauschalen sind:
Quartal 4/2017 2.793,00 Euro
Quartal 1/2018 2.557,20 Euro
Quartal 2/2018 2.344,98 Euro
ab Quartal 3/2018 1.155,00 Euro
Dazu kommen 900,00 Euro TI- Starterpauschale (die nicht abgestaffelt wird), sowie 271,25 Euro quartalsweise für die laufenden Kosten der TI und des Praxisausweises.
Wir werden gemeinsam mit den niedergelassenen Ärzten in allen politischen Gremien darauf hinwirken, dass die Fristen verlängert werden, die zugesagte vollständige Kostenübernahme der TI durch die Krankenkassen umgesetzt wird und die Erstattungsbeträge nachverhandelt werden.
In diesem Fall sitzen Ärzte und Psychotherapeuten zusammen in einem Boot.
Kommentar:
Wir kritisieren, dass die Einführung der Telematik-Infrastruktur (TI) nur an der technischen Funktionsfähigkeit und dem Vorteil für die Krankenkassen orientiert ist und nicht an den Bedürfnissen von Patienten und Behandlern. Der Abgleich der Patientenstammdaten in jedem Quartal ist eine im Verhältnis von Aufwand zum Nutzen völlig überzogene Anwendung der TI. Dazu kommt die unsägliche Situation, dass Psychotherapeuten und Ärzte mit Fristen und finanziellen Belastungen überzogen werden, obwohl die Bereitstellung der Geräte von den Herstellern nicht eingehalten wird. Die Krankenkassen sollten ihre Mittel für dringendere Probleme, wie z.B. die weiterhin zu langen Wartezeiten auf Therapieplätze oder den Mangel an psychotherapeutischer wie ärztlicher Versorgung in ländlichen Regionen einsetzen. Wir fordern den Gesetzgeber auf, hier für Entlastung und Entschleunigung zu sorgen und den weiteren Ausbau der TI mit Augenmaß zu betreiben.
Ihr DPtV-Bundesvorstand