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  • Veröffentlichungsdatum 09.06.2020
  • Ort Berlin
  • Art Pressemitteilung

Opfer sexuellen Missbrauchs nicht alleine lassen!

DPtV kritisiert Verwaltungsverfahren bei Fonds für sexuellen Missbrauch

„Die Gesellschaft darf Opfer sexueller Gewalt nicht im Stich lassen“, fordert Gebhard Hentschel, Bundesvorsitzender der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung (DPtV). „Es ist unzumutbar, dass sie Monate und Jahre auf Geld aus dem Hilfsfonds warten müssen.“ Nach Informationen von DPtV-Mitgliedern gibt es erhebliche Verzögerungen bei der Bearbeitung von Anträgen auf Finanzierung einer ambulanten Psychotherapie aus dem „Fonds für sexuellen Missbrauch“ (FSM). Der Fonds will Betroffenen helfen, die in ihrer Kindheit oder Jugend sexuellen Missbrauch erlitten haben und noch heute unter dessen Folgewirkungen leiden. Aber viele Patient*innen berichten uns, dass Anträge auf eine ambulante Psychotherapie nicht bearbeitet und Rechnungen trotz Zusage und zahlreicher Mahnungen oft monatelang nicht beglichen werden“, berichtet Hentschel. „Wir bitten das zuständige Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend dringend, die Antragsverfahren zu beschleunigen, damit die Opfer schnelle Hilfe erhalten.“

Opfer haben Anspruch auf unbürokratische Hilfe

„Missbrauchsfälle wie aktuell in Münster lassen traumatisierte Menschen zurück, die psychotherapeutische Hilfe benötigen“, sagt der Bundesvorsitzende. „Die Krankenkassen zahlen Opfern sexuellen Missbrauchs eine Psychotherapie nur für eine bestimmte Zeit, so dass zwischen den Therapien große Lücken von mehreren Jahren entstehen. Um diesen Missstand aufzufangen, legte die Bundesregierung 2013 den FSM auf.“ Die Corona-Pandemie habe den Bearbeitungsrückstau aktuell noch anwachsen lassen – das Problem bestehe aber seit Jahren. Nach Informationen der Fonds-Website bearbeite die Geschäftsstelle derzeit Erstanträge mit Eingang ab Oktober 2019 – allerdings auch Änderungs- und Ergänzungsanträge zu Erstanträgen von 2018. „So lange können die Opfer nicht warten. Wegen fehlender Zusagen werden bei ihnen am Ende Psychotherapien beendet oder unterbrochen. Das ist unzumutbar“, kritisiert Hentschel. „Oft führen Psychotherapeut*innen die hochspezialisierten Therapien trotzdem fort und bleiben hinterher Monate und bis zu einem halben Jahr und länger auf ihren offenen Rechnungen sitzen.“ DPtV-Mitglieder berichten, dass es auf Beschwerdeschreiben an den Fonds meist keine Antworten gegeben habe. Anrufe bei der Hotline hätten eine Überforderung der Mitarbeiter*innen offenbart. „Die Opfer von Missbrauch haben oft keine Kraft, sich mit den Krankenkassen oder anderen Verwaltungen auseinanderzusetzen. Sie haben Anspruch, dass die Gesellschaft ihnen schnell und unbürokratisch hilft“, fordert Psychotherapeut Hentschel.