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  • Veröffentlichungsdatum 29.07.2021
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Psychotherapie in der Kostenerstattung – Sozialgericht Berlin stellt klar: 1,0-facher GOÄ-Satz unzulässig

Wenn gesetzlich Versicherte keinen freien Behandlungsplatz in einer vertragspsychotherapeutischen Praxis finden und Systemversagen vorliegt, dann sind Krankenkassen gesetzlich dazu verpflichtet, Kosten in der entstandenen Höhe für die selbst beschaffte notwendige Leistung zu erstatten. Insbesondere in der Pandemie-Situation haben wir uns als Verband dafür eingesetzt, dass Psychotherapie in der Kostenerstattung (§ 13 Abs. 3 SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung, Systemversagen) niedrigschwellig von den Krankenkassen bewilligt wird, um zeitnah die psychotherapeutische Versorgung zu gewährleisten. Abgerechnet wird nach der Gebührenordnung für Psychologische Psychotherapeut*innen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen (GOP), oder dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragspsychotherapeutische Leistungen (EBM).

Krankenkassen haben immer wieder, nur den einfachen GOP-Satz (§ 11 Abs. 1 GOÄ) anerkannt mit der Behauptung, sie würden im Sinne des § 11 GOÄ Kostenträger sein und die Zahlungen leisten. Dem ist das Sozialgericht Berlin (28. Mai 2021 – S81 KR953/18) nun entgegengetreten und hat klargestellt, dass bei Psychotherapie in der Kostenerstattung nicht die Krankenkasse, sondern der Patient selbst Schuldner der Behandlungsseite ist. Das bedeutet, dass die Krankenkasse dem Versicherten die Vergütungssätze erstatten muss, die dieser dem Leistungserbringer tatsächlich schuldet, sofern eine GOÄ-konforme Abrechnung vorliegt. Eine Beschränkung auf den 1,0-fachen GOÄ-Satz (§11 Abs. 1 GOÄ) scheidet damit aus. Das aktuelle Urteil sollte damit das unakzeptable Vorgehen einiger Krankenkassen beenden, psychotherapeutische Leistungen in der Kostenerstattung schlechter zu stellen als in der vertragspsychotherapeutischen Versorgung.

Auf einen Blick: Im Rahmen der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 3 SGB V sind die Kosten stets in der entstandenen Höhe zu erstatten. Eine Kürzung durch die Kassen auf den 1,0-fachen GOÄ-Satz ist unzulässig.

Für die Praxis: Für Kostenerstattung gilt: 1) Stets im Behandlungsvertrag explizit regeln, dass Patient*innen die Vertragspartner sind. 2) Bei nur 1,0-facher Erstattung müssen Patient*innen in den Widerspruch geen und begründen, dass die Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V kein Fall des § 11 GOÄ ist. Versicherte haben Anspruch auf die Erstattung der Kosten in der tatsächlich entstandenen Höhe.