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  • Veröffentlichungsdatum 29.02.2016
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Resolution - Vorstand und Delegiertenversammlung der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung (DPtV) kritisieren Asylpaket II

Pressemitteilung 02/2016

Das am 25.2.2016 vom Bundestag verabschiedete Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren (‚Asylpaket II‘) enthält verschiedene Regelungen, die psychisch erkrankte Menschen schwer benachteiligen. Im Asylpaket II wird eine Diffamierung psychischer Erkrankungen und eine Abwertung der sie behandelnden Psychotherapeuten und Ärzte sichtbar, die wir scharf verurteilen.

Danach gehören posttraumatische Belastungsstörungen regelmäßig nicht zu den ‚schwerwiegenden Erkrankungen‘, die eine Abschiebung verhindern. Psychische Erkrankungen seien ‚schwer diagnostizierbar und überprüfbar’.Psychische Erkrankungen sollen demnächst durch jeden Arzt feststellbar sein, die bisher notwendige psychotherapeutische oder fachärztliche Begutachtung ist nicht mehr notwendig. Die fachlichen Qualitätsstandards zur Begutachtung von Traumafolgen in aufenthaltsrechtlichen Verfahren werden ignoriert. Auch die Aussetzung des Familiennachzugs gefährdet aus psychotherapeutischer Sicht die Wiederherstellung psychischer Stabilität.

Der Gesetzentwurf verkennt die Schwere dieser Erkrankung, die u.a. Selbstgefährdung, Ängste, schwere Depressionen und Sucht zur Folge haben kann. Wir Psychotherapeuten sind besorgt, dass die Bedeutung der psychischen Gesundheit für den Integrationsprozess unterschätzt wird. Bestehende psychische Belastungen aufgrund von Traumatisierung im Heimatland , auf der Flucht sowie anhaltender Stress in der Aufnahmesituation und -einrichtung – die Angst vor Ablehnung und Abschiebung, Trennung und Ungewissheit über das Schicksal von Angehörigen, der Mangel an sinnvoller Tagesstruktur usw. – können dazu führen, dass Flüchtlinge und Flüchtlingskinder in ihrer Verarbeitungs- und Leistungsfähigkeit deutlich eingeschränkt sind. Integration kann nur gelingen, wenn wir selbige Maßstäbe bei der Behandlung von „fremden“ Menschen anlegen wie wir sie auch für uns selbst als richtig und sinnvoll erachten.

Damit wenden wir uns gleichzeitig gegen jede Form von gutgemeinter, jedoch fachlich unverantwortlicher Durchführung von psychotherapeutischen Interventionen durch angelernte Laien. Zum Schutz der psychisch Kranken wie auch der Laienhelfer sind fachgerechte Gespräche, Diagnostik und psychotherapeutische Interventionen mit ggf. notwendiger Trauma-Exposition nur von approbierten Psychotherapeuten bzw. Fachärzten durchzuführen. Alles andere halten wir für fahrlässig.

  • Wir fordern niedrigschwellige fachliche Angebote für traumatisierte und psychisch erkrankte Flüchtlinge, um diese mit psychotherapeutischen Sprechstunden und psychoedukativen Gruppen auch in den ersten 15 Monaten versorgen zu können.
  • Wir fordern die Umsetzung von Ermächtigungen für Flüchtlingszentren und traumaerfahrene Psychotherapeuten, wie sie im Asylpaket I vorgesehen sind.
  • Wir fordern qualifizierte Fortbildung für geeignete Laienhelfer oder Angehörige sozialer Berufe (ggf. selbst Flüchtlinge). So qualifiziert können diese als ‚Trauma-fortgebildete Laienhelfer‘ bei niedrigschwelligen Screenings, basalen psychoedukativen, stabilisierenden, ressourcenaktivierenden Maßnahmen und als ‚interkulturelle Mediatoren‘ unterstützend eingesetzt werden.
  • Wir fordern die Finanzierung von Dolmetschern/Sprachmittlern, um ggf. notwendige psychotherapeutische Behandlungen angemessen durch-führen zu können.
  • Wir kritisieren die Verharmlosung psychischer Erkrankungen. Bei fast allen psychischen Störungen ist Psychotherapie ein zentraler, in seiner Wirksamkeit sehr gut belegter Behandlungsansatz. Je nach Schwere kann ggf. zusätzlich eine Medikation sinnvoll oder erforderlich sein. Wir wenden uns gegen die Stigmatisierung und Diffamierung psychisch kranker Menschen, gleich welchen Geschlechts, welcher Abstammung, Religion, Sprache, Hautfarbe und welchen Herkunftslandes.

Die Geringschätzung psychischen Leids, die Vernachlässigung von Suizidalität wie auch die Nicht-Behandlung psychischer Erkrankung ist nicht mit ethischen, medizinischen bzw. psychotherapeutischen Standards und unserem Menschenbild vereinbar.