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  • Veröffentlichungsdatum 05.03.2012
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So steht es wirklich mit der Psychotherapie

Pressemitteilung 04/12

Viele Mythen werden seit Jahren über die Effizienz und Wirksamkeit von Psychotherapien und den Arbeitsumfang der Psychotherapeuten verbreitet. Das meiste ist falsch, vieles beruht auf Unkenntnis, manches auf standespolitischer Interessenwahrung. Taktik. Zur Aufklärung und um die Fakten darzulegen, hat sich jetzt der Bundesvorsitzende der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung (DPtV), Dipl.-Psych. Dieter Best, dezidiert zu einzelnen Mythen zu Wort gemeldet.

"Psychotherapeuten behandeln überwiegend leichte Störungen..." ist eine der Behauptungen, die immer wieder aufgestellt werden. Best hebt besonders den hannoverschen Psychiater Dr. med. Heiner Melchinger hervor, der nicht müde wird zu behaupten, die Psychotherapeuten behandelten nur leichte Fälle und würden einen zu hohen finanziellen Aufwand betreiben. Best macht klar, dass verschiedene Studien eindeutig nachweisen, dass dem nicht so ist. Psychotherapeuten behandeln zu mehr als 90 Prozent Patienten mit mittelschweren und schwer ausgeprägten Krankheiten. Außerdem unterscheidet sich das Behandlungsspektrum von Psychotherapeuten und von Fachärzten für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie kaum.

"...und verbrauchen dafür drei Viertel der Gesamtausgaben...." Psychotherapeutische Behandlung zielt auf eine nachhaltige Veränderung von Erleben und Verhalten, sie ist wesentlich zeitaufwendiger als nervenärztliche Behandlung. Die Unterschiede zeigen sich daran, dass Nervenärzte und Psychiater durchschnittlich 700 Patienten im Quartal behandeln und dafür ca. 55 Euro pro Patient erhalten, während Psychotherapeuten durchschnittlich nur 50 Patienten für jeweils 350 Euro im Quartal behandeln. Beide Behandlungsarten lassen sich nicht vergleichen.

"Psychotherapeuten lassen sich am liebsten an attraktiven Standorten nieder und nicht dort, wo man sie braucht..." Wer das sagt, hat sich nicht mit der Bedarfsplanung auseinandergesetzt. Die Möglichkeiten sich niederzulassen, sind eng begrenzt. Psychotherapeuten können sich ebenso wie Ärzte nur dort niederlassen, wo es noch freie Sitze gibt. Vor dem Psychotherapeutengesetz (1999) gab es diese Beschränkungen noch nicht, was zur Folge hatte, dass bei der Einführung des Psychotherapeutengesetzes die Verteilung der Sitze sehr ungleich war. In Ballungsgebieten kommt ein Psychotherapeut auf 2577 Einwohner, in ländlichen Gebieten auf 23106 Einwohner. Diese ungleiche Verteilung ist durch die Bedarfsplanung bedingt und liegt nicht an den Psychotherapeuten.

"Psychotherapeuten arbeiten zu wenig und haben deshalb lange Wartezeiten." Jüngst von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) vorgelegte Zahlen zeigen eine andere Faktenlage: Die Arbeitszeiten von Ärzten und Psychotherapeuten unterscheiden sich kaum.

"Psychotherapien dauern zu lang..." Psychotherapien umfassen im Durchschnitt 46 Sitzungen (Standardabweichung 34 Sitzungen) und dauern 20 Monate (Standardabweichung 16 Monate). Die große Spannbreite interpretiert Best so, dass sich die Therapiedauer und –Frequenz nach dem tatsächlichen Bedürfnis des Patienten richtet, so ist zum Beispiel im Krisenfall die Frequenz höher.

"Psychotherapeuten sind die Gewinner der Honorarreform 2009..." Zahlen sagen etwas anderes: 2008 lag der Stundenlohn der Psychotherapeuten bei durchschnittlich 73,73 Euro, die Honorarreform 2009 ergab einen zehnprozentigen Anstieg auf jetzt 81,14 Euro. Das entspricht der ebenfalls zehnprozentigen Anhebung der Gesamtvergütung (3 Mrd. Euro). Nur: Die Ärzteeinkommen stiegen in der Folgezeit weiter, die der Psychotherapeuten blieben gleich.

"Psychotherapeuten behandeln bevorzugt Privatpatienten..." Die Realität sieht anders aus: Der durchschnittliche Ertrag aus privat abgerechneter Behandlung beträgt rund zehn Prozent. Die Tarifbedingungen innerhalb der privaten Krankenversicherer sehen deutlich schlechter aus als bei der gesetzlichen Krankenkasse. Welches Kostenerstattungsverhalten die jeweilige Kasse zeigt, ist unsicher und für den Psychotherapeuten von daher wenig attraktiv. Hinzu kommt: einige Leistungen werden nicht in der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), mit der bei der PKV abgerechnet wird, abgebildet und damit nicht vergütet. Bests Fazit: "Privatbehandlung ist für Psychotherapeuten alles andere als attraktiv".