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„Software kann in Krisen nicht handeln“ - DPtV: Nachbesserungen im Digitale-Versorgung-Gesetz notwendig
Mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) sollen Patient*innen schneller und einfacher mit „Therapie-Apps“ versorgt werden. Die DPtV sieht in dem Kabinettsentwurf jedoch noch erheblichen Nachbesserungsbedarf. „Therapie-Apps dürfen nur auf Verordnung angewandt werden – und nicht auf Veranlassung der Krankenkassen“, fordert Barbara Lubisch, Bundesvorsitzende der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung (DPtV). „Apps können zwar eine gute unterstützende Wirkung haben, aber die Risiken eines unbegleiteten Einsatzes ohne fachliche Diagnostik und Indikationsstellung werden unterschätzt.“ Zudem geben Sicherheitsanalysen der bestehenden Programme Anlass zur Sorge. Ohne einen Nachweis der Wirksamkeit und Datensicherheit dürfen sie nicht an Betroffene gelangen.
Gesundheitsdaten besser schützen als Spiele-Apps
Bereits der Download der Apps ist problematisch: „Apple und Google wissen, dass Frau X oder Herr Y eine App gegen Depressionen heruntergeladen hat. Daraus kann man sehr konkrete Schlüsse ziehen“, warnt Barbara Lubisch. Untersuchungen der Stiftung Warentest und der Computer-Zeitschrift „c’t“ deckten erhebliche Datenschutz-Mängel selbst bei seriösen „Gesundheits-Apps“ auf. Die Übertragung von Handy-IDs, unsichere Passwörter oder teilweise umfangreiche Datentransfers an Facebook oder Amazon ermöglichten detaillierte Rückschlüsse auf den/die Nutzer*innen, obwohl die Apps formal datenschutzkonform waren. „Für Anwendungen im Gesundheitsbereich müssen strengere Regeln gelten als für eine Spiele-App. Hier geht es um besonders schützenswerte Daten“, fordert Psychotherapeutin Lubisch. „Wenn Daten zu psychischen Erkrankungen auf dem Server einer privaten Firma liegen, ist das ein Sicherheitsrisiko. Menschen könnten damit von Versicherungen ausgeschlossen oder erpresst werden. Gesundheitsdaten dürfen nicht an private Unternehmen weitergeleitet werden.“
Apps nur auf Verordnung von Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen
„Die Krankenkasse kann nicht eigenständig ,therapieren‘, indem sie ihren Versicherten Apps gibt. Ein Einsatz von ,Therapie-Apps‘ ohne Verordnung durch Psychotherapeut*innen oder Ärzt*innen darf daher nicht möglich sein“, fordert Barbara Lubisch. Bereits 2015 unterstützte die DPtV eine Studie zum Depressions-Programm „Deprexis“. Darin zeigte sich eine gute unterstützende Wirkung in Kombination mit einer Psychotherapie. Ohne Begleitung, so die Erfahrung aus der Praxis, verlieren Patient*innen oft schnell das Interesse an einer App. Bundesvorsitzende Lubisch warnt vor zu großen Erwartungen: „Eine Software kann in Krisen nicht handeln. Bei ernsthaft gefährdeten Patient*innen wird die App nicht einschreiten. Ein*e Psychotherapeut*in wird handeln.“ Zur Sicherheit der Patient*innen sollten Apps daher nur als Teil eines Gesamtbehandlungsplans eingesetzt werden.
Wissenschaftliche Evidenz auch bei digitalen Therapie-Mitteln
Die Wirksamkeit einer App ist ebenso wichtig wie die Datensicherheit. Die DPtV fordert in ihrer Stellungnahme zum DVG, Software nur bei Nachweis von Wirksamkeit und medizinischem Nutzen zu zertifizieren. Bislang müssen lediglich „positive Versorgungseffekte“ nachgewiesen werden. An therapeutische Mittel müssen generell Kriterien evidenzbasierter Medizin angelegt werden – auch wenn sie in elektronischer Form vorliegen.