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Unzureichende Versorgung psychischer Störungen bei Flüchtlingen - neuer Versorgungsbericht erschienen
Etwa 30-40% der nach Deutschland migrierten Flüchtlinge leiden an einer traumainduzierten psychischen Störung (3. Aktualisierte Auflage des Versorgungsberichts zur psychosozialen Versorgung von Flüchtlingen und Folteropfern in Deutschland, Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Geflüchtete und Folteropfer). In Zahlen ausgedrückt handelt es sich dabei um ca. 380.000 (Quelle: Ärzteblatt) der im Jahre 2015 - 890.000 Asylsuchenden (Bundesministerium für Inneres, Pressemitteilung des BMI).
Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD) ist zwar die häufigste psychische Störung bei Geflüchteten, allerdings bei weitem nicht die einzige. In der Folge von Traumatisierungen kommt es oft auch zur Entwicklung von Depressionen, Angststörungen sowie psychosomatischen und substanzbezogenen Störungen. Auch Komorbiditäten sind häufig, etwa 88% der Flüchtlinge mit PTSD weisen eine und 76 % sogar mehrere weitere psychische Störungen auf. Des Weiteren ist sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern und Jugendlichen die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung körperlicher Erkrankungen, insbesondere Herz-Kreislauferkrankungen sowie Autoimmunerkrankungen, erhöht.
Für geflüchtete Kinder und Jugendliche ist die Lage besonders prekär. Nach den Aussagen des Versorgungsberichts weisen mehr als 50% der Kinder und Jugendlichen psychische Belastungssymptome auf, nahezu 20 % der Kinder und Jugendlichen erfüllen die Kriterien einer PTSD. Dass ihre Eltern aufgrund der eigenen Belastung häufig nicht in der Lage sind Trost, Sicherheit und Unterstützung zu geben, verschlimmert die Situation zusätzlich. Trotz dieser dramatischen Lage erhalten nach den neuesten Angaben des Berichts lediglich 5% der betroffenen Flüchtlinge eine psychotherapeutische Behandlung oder Beratung.
Es wird im Bericht kritisiert, dass die Bundesregierung die Auffassung vertrete, es seien keine grundlegenden Anpassungen nötig, um traumatisierten Flüchtlingen den Zugang zum Gesundheitssystem zu erleichtern. Die aktuelle Gesetzeslage (Asylbewerberleistungsgesetz, SGB II, SGB XII) sei ausreichend, um eine angemessene Versorgung geflüchteter Menschen zu ermöglichen.
Die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer hingegen sieht dringenden Handlungsbedarf u.a. bezüglich folgender Punkte:
- bundesweite Verbesserung des Zugangs Geflüchteter zu den Strukturen des Gesundheitssystems (vollwertige Krankenversicherungskarte ab Aufenthaltsbeginn)
- einheitliche Umsetzung der in der EU-Aufnahmerichtlinie definierten Leistungsansprüche ermessensfrei geregelte Bearbeitung von Anträgen auf psychotherapeutische Behandlung und keine Benachteiligung Geflüchteter im Gegensatz zu gesetzlich versicherten Personen
- Regelung der Kostenübernahme von Sprachmittlerdiensten im Zusammenhang psychotherapeutischer Behandlung Geflüchteter im SGB V
- Behandlung geflüchteter Personen sollte unabhängig von deren Aufenthalts- bzw. Beschäftigungsstatus sein
- Förderung der Arbeit Psychosozialer Zentren durch bedarfsgerechtes, nachhaltiges und institutionelles Finanzierungskonzept
Den vollständigen Bericht können Sie auf den Seiten der BAfF kostenfrei herunterladen (8 MB): Versorgungsbericht_3-Auflage_BAfF