Wissensdatenbank

Mitgliederbefragung zur Wartezeit

DPtV-Umfrage

Thema

Wissenschaft & Forschung

Art

Umfrage

Datum

01.11.2017

Die Wartezeiten auf einen Psychotherapieplatz sind bekanntlich lang –aber wie lange warten die Patienten heute wirklich, und wird die Reform der Psychotherapie-Richtlinie daran etwas ändern?

Die durchschnittliche Wartezeit von drei Monaten von der Anfrage bis zu einem Termin für ein Erstgespräch hat sich seit 2011 nicht wesentlich verändert, wie unsere Online-Umfrage vor der Reform ergibt. Erfreulicherweise können die Patienten anschließend aber etwas schneller mit der Therapie beginnen: die durchschnittliche Wartezeit bis zum Beginn der psychotherapeutischen Behandlung hat sich um etwa 4 Wochen auf 19 Wochen verringert. Dieses sind Ergebnisse einer Befragung von etwa 4.400 Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten im März 2017. Es zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen psychotherapeutischer Versorgungsdichte (Psychotherapeuten/100.000 Einwohner) und Wartezeiten auf ein Erstgespräch bzw. auf den Beginn der psychotherapeutischen Behandlung. Dies entspricht den Erwartungen. Sichtbar wird aber auch, dass nur in den Großstädten mit einer höheren psychotherapeutischen Versorgungsdichte einigermaßen vertretbare Wartezeiten bestehen.

Es ließen sich deutliche regionale Unterschiede feststellen: In Großstädten warten Patienten etwa halb so lang auf ein Erstgespräch wie in den anderen Kreistypen. In den Stadtstaaten Berlin (5,6 Wochen), Hamburg (7,3 Wochen) und Bremen (8 Wochen) hat die Wartezeit auf das Erstgespräch seit 2011 abgenommen. Besonders deutlich ist diese Veränderung in Berlin. Auch zwischen den KV-Regionen lassen sich entsprechende Unterschiede nachweisen. Im Vergleich zu 2011 scheint sich die Situation auch in den östlichen Bundesländern etwas verbessert zu haben. Mit Ausnahme von Sachsen-Anhalt haben sich die Wartezeiten auf ein Erstgespräch hier seit 2011 verringert. Am höchsten zeigen sich in der vorliegenden Untersuchung die Wartezeiten auf ein psychotherapeutisches Erstgespräch im Saarland (22,6 Wochen), Sachsen-Anhalt (16,6 Wochen), Niedersachsen (15,7 Wochen), Mecklenburg-Vorpommern (15,0 Wochen) und in Westfalen-Lippe (15,4 Wochen). Die Wartezeiten in der Sonderregion Ruhrgebiet sind weiterhin besonders hoch. Dies ist vermutlich auf die bislang nicht korrigierte Sonderbehandlung der Großstädte im Ruhrgebiet zurückzuführen.

Bei der Beurteilung der Versorgungssituation in den Großstädten muss beachtet werden, dass hier ein erheblicher Anteil an Versorgung auch durch private Psychotherapiepraxen geleistet wird. Über die Anzahl solcher Kostenerstattungspraxen liegen jedoch keine bundesweiten oder regional differenzierten Zahlen vor. Insgesamt weisen die Ergebnisse unserer Umfrage darauf hin, dass nicht von einer generellen Unterversorgung mit Psychotherapie gesprochen werden sollte, sondern die verschiedenen städtischen und ländlichen Regionen sowie die Sondersituation des Ruhrgebiets in ihrer psychotherapeutischen Versorgungslage differenziert betrachtet werden müssen.

Es wurde bei der Befragung die in relevanten anderen Umfragen am meisten verbreitete Methode, nur die Wartezeiten von Psychotherapeuten mit Warteliste zugrundezulegen, angewendet. Einschränkend ist zu sagen, dass die Begrenzung der Auswertung auf Teilnehmer, die eine Warteliste führen, die tatsächlichen Wartezeiten überschätzt. Die Aussage, Patienten warten durchschnittlich drei Monate auf ein Erstgespräch, sollte deshalb und in dieser Allgemeinheit bei der aktuellen psychotherapeutischen Versorgungslage so nicht getroffen werden.

 Eine ausführliche Darstellung der Ergebnisse findet sich im DPtV Hintergrund 2.2017.