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Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung (Psychotherapeutenausbildungsreformgesetz – PsychThGAusbRefG) und die Diskussion zur normativen Verankerung der Finanzierung der Weiterbildung

Thema

Gesundheitspolitik · Aus-, Fort- und Weiterbildung

Art

Stellungnahme

Datum

09.05.2019

Zielgruppe

PiA/Psychotherapeut*innen in Ausbildung · PtW/Psychotherapeut*innen in Weiterbildung · Studierende

Wir unterstützen das eingeleitete Gesetzgebungsverfahren und begrüßen, dass die Bundesregierung 20 Jahre nach Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes den Stellenwert der Psychotherapie mit der Einbindung in das System der Kassenärztlichen Versorgung anerkennt und sich für die Entwicklung der qualifizierten psychotherapeutischen Versorgung der Patient*innen auf dem aktuellen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse einsetzt. Gleichzeitig stimmen wir damit überein, dass die derzeitigen Rahmenbedingungen der Ausbildung, die steigenden Anforderungen an die psychotherapeutische Tätigkeit und die strukturellen Veränderungen im hochschulischen Bildungssystem im Zuge des Bologna-Prozesses eine Reform des Psychotherapeutengesetzes unumgänglich machen.

Die Umsetzung des Reformbedarfs erscheint uns mit dem vorliegenden Regierungsentwurf auf einem guten Weg zu sein. Wir begrüßen insbesondere, dass die grundlegende Struktur der ‚Direktausbildung‘ mit einem zur Approbation führenden Studium und anschließender Weiterbildung umgesetzt wurde. Besonders wichtig ist uns, dass die Notwendigkeit der qualifizierten ambulanten Weiterbildung anerkannt wurde und die bewährten Ausbildungsinstitute zukünftig als Weiterbildungsinstitute vorgesehen sind.

Gegenüber dem Referentenentwurf sieht der Regierungsentwurf einige Änderungen vor, zu denen wir nachfolgend Stellung nehmen möchten. Die Streichung des „Modellstudiengangs Psychopharmakologie“ finden wir aus fachlichen Gründen richtig, da der Ausbildungsschwerpunkt auf dem psychologisch-psychotherapeutischen Kompetenzerwerb und nicht auf dem Erwerb von somatisch-pharmakologischen Kenntnissen liegt. Als hilfreich erachten wir ebenso die Klarstellung, dass sich auch entsprechend qualifizierte Ärzte „Psychotherapeut/in“ nennen dürfen.

Aus unserer Sicht bedauerlich ist, dass die Überprüfung von Nutzen, Wirtschaftlichkeit und medizinischer Notwendigkeit wieder vollständig auf den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) übertragen wurde. Die Ansiedlung einer Nutzenprüfung beim Wissenschaftlichen Beirat könnte zu einer zeitlichen Verkürzung des Prüfverfahrens führen.

Überrascht hat uns die geplante Änderung des § 92 Abs. 6a SGB V, die im Referentenentwurf nicht vorgesehen war. Wir begrüßen den mit der Regelung verbundenen Auftrag an den G-BA zur Förderung der berufsgruppenübergreifenden Kooperation; dies sollte jedoch in einer eigenen Richtlinie gefasst werden. Auch die geplante Förderung der Gruppentherapie findet unsere Zustimmung. Wir lehnen jedoch den Vorschlag ab, in der Psychotherapie-Richtlinie diagnoseorientiert und leitliniengerecht „den Behandlungsbedarf (zu) konkretisieren“. Diese Formulierung würde zur Folge haben, dass die gesamte Richtlinie in Richtung restriktiver und starrer Kontingente umgebildet werden kann, was der individuell bedarfsgerecht anzupassenden Behandlung psychischer Erkrankungen widerspricht.

Nach wie vor sehen wir Nachbesserungsbedarf hinsichtlich der Legaldefinition bei der Ausübung heilkundlicher Psychotherapie, sowie bei der Sicherung der Verfahrensvielfalt und der Studiendauer. Wir schlagen auch vor, die Pflicht zur somatischen Abklärung zu ersetzen durch die Einführung des Überweisungsverfahrens zur Einbeziehung somatischer Befunde in die psychotherapeutische Arbeit.

Ergänzungsbedarf sehen wir zudem bei Übergangs- bzw. Härtefallregelungen für die derzeitigen ‚Psychotherapeuten in Ausbildung‘ (PiA) sowie für die Gleichstellung der „alten“ Berufe mit dem neuen Beruf, insbesondere bei den Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten.

Außerdem schlagen wir vor, den Gesetzentwurf durch konkretisierende Regelungen zur Finanzierung der ambulanten Weiterbildung zu ergänzen und fügen dazu im Anhang ein mögliches Finanzierungsmodell bei.