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Stellungnahme zum Referentenentwurf für ein Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung (Terminservice- und Versorgungsgesetz – TSVG)

Thema

Gesundheitspolitik

Art

Stellungnahme

Datum

17.08.2018

Zielgruppe

Kassenpraxis

Dem Referentenentwurf zum TSVG können wir teilweise zustimmen, sehen aber auch einigen Präzisierungs- und Änderungsbedarf. Positiv sehen wir, dass die Absicht des Koalitionsvertrages zur Stärkung der sprechenden und zuwendungsorientierten Leistungen aufgegriffen wird und begrüßen den Vorschlag, den einheitlichen Bewertungsmaßstab auf Rationalisierungsreserven zur Förderung der „sprechenden Medizin“ hin zu überprüfen. Zur Absicherung der Leistungsdynamik ist allerdings eine langfristig angelegte extrabudgetäre Vergütung der zeitgebundenen psychotherapeutischen Leistungen notwendig.

Der im Referentenentwurf angestrebte Ausbau der Terminservicestellen erfordert weitere Arzt/Psychotherapeutenkapazitäten. Hier bestehen in der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung schon jetzt erhebliche Versorgungsengpässe. Bereits die Vermittlung der psychotherapeutischen Sprechstunde und Akutbehandlung gelingt nur unter erheblichem Ressourceneinsatz. Regional unterschiedlich werden Versorgungsengpässe deutlich. Dieses Bild wird sich durch die ab dem 1.10.2018 neu hinzukommende Vermittlung probatorischer Sitzungen verschärfen.
Eine grundlegende Verbesserung der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung ist nur durch eine gezielte und differenzierte Erhöhung der Anzahl der Vertragspsychotherapeutensitze im Rahmen der zeitnah notwendigen Reform der Bedarfsplanung möglich. Nicht nur die ländlichen Regionen, auch die sog. mitversorgten Regionen im Umland größerer Städte brauchen eine bessere Verhältniszahl Psychotherapeut je Anzahl Einwohner. Die derzeitige übergroße Spreizung der Verhältniszahlen entspricht nicht der Epidemiologie und dem Versorgungsbedarf. Durch eine bloße Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen würde allerdings auf eine Feinsteuerung im Sinne kleinräumiger Planung verzichtet, was uns nicht sinnvoll erscheint. Die Verschiebung der Reform auf den 1. Juli 2019 bedauern wir und setzen auf die Verbindlichkeit der nunmehr vorgesehenen Frist für den G-BA zur Überarbeitung der Bedarfsplanungsrichtlinie.  

Die Idee, durch Vergütungsanreize den Zugang zur Versorgung für Versicherte zu fördern, wird im Bereich der Psychotherapie nur dann zielführend sein, wenn auch für die Psychotherapeuten ein echter Anreiz geschaffen wird. Dies bewirkt der Referentenentwurf in seiner jetzigen Fassung nicht. Sinnvolle Anreize sollten insbesondere durch eine Erhöhung der Vergütung der besonders aufwändigen Erstkontakte in der Psychotherapeutischen Sprechstunde und bei der Akutbehandlung geschaffen werden. Zur Sicherung der angemessenen Vergütung müssen die Vergütungsregeln insgesamt konkretisiert werden; hierzu schlagen wir eine konkrete Formulierung vor. Die extrabudgetäre Vergütung der zeitgebundenen psychotherapeutischen Leistungen ist dauerhaft vorzusehen, um die notwendige psychotherapeutische Versorgung vor „Verteilungskämpfen“ zu schützen und eine bedarfsgerechte Finanzierung sicherzustellen.

Die Regelungen zur elektronischen Patientenakte sollten auch für Psychotherapeuten und deren Praxispersonal gelten, sodass in § 291a Absatz 4 SGB V (Nr. 83 RefE-TSVG) Anpassungsbedarf besteht. Im Zuge der Einführung der elektronischen Patientenakte sind angemessene Sicherheitsstandards für den Schutz der Versichertendaten und den Datenaustausch festzulegen.

Eine Erhöhung der Mindestsprechstundenzeit auf 25 Stunden unterstützen wir nicht – diese wird im Bereich der psychotherapeutischen Versorgung nicht wesentlich zur Verbesserung der Patientenversorgung beitragen, denn die Psychotherapeuten arbeiten nach aktuellen Erhebungen des ZI bereits durchschnittlich 49 Wochenstunden, davon 31 Stunden im direkten Patientenkontakt. Darüber hinaus halten wir die Erhöhung der Mindestsprechstundenzeit für schädlich für die Freiberuflichkeit und den Erhalt flexibler Versorgungsmodelle.