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Stellungnahme zum Regierungsentwurf für ein Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung (Terminservice- und Versorgungsgesetz – TSVG)

Thema

Gesundheitspolitik

Art

Stellungnahme

Datum

05.11.2018

Zielgruppe

Kassenpraxis

Dem Regierungsentwurf zum TSVG kann in der vorliegenden Fassung nicht zugestimmt werden, da dieser im § 92 SGB V nicht zumutbare Belastungen für psychisch kranke Menschen vorsieht. Auch an weiteren Stellen sehen wir erheblichen Änderungsbedarf. Positiv sehen wir, dass die Absicht des Koalitionsvertrages zur Stärkung der sprechenden und zuwendungsorientierten Leistungen aufgegriffen wird. Wir begrüßen deshalb den Vorschlag, den einheitlichen Bewertungsmaßstab auf Rationalisierungsreserven zur Förderung der „sprechenden Medizin“ hin zu überprüfen, halten ihn allerdings für konkretisierungsbedürftig.

Insbesondere den sehr kurzfristig in den Kabinettsentwurf eingefügten Passus zur gestuften und gesteuerten Versorgung für die psychotherapeutische Behandlung lehnen wir strikt ab und bitten, auf eine Streichung dieses Vorschlags hinzuwirken. Bevor erneute Änderungen der Psychotherapie-Richtlinie eingeführt werden, sind zunächst einmal die Effekte der letzten Richtlinien-Überarbeitung zu evaluieren. Die Einführung einer vorgeschalteten Stelle, in welcher Indikation und Dringlichkeit der Behandlung psychisch kranker Menschen geprüft wird, würde eine neue Hürde vor einer Psychotherapie einführen und so den Zugang zur Psychotherapie nicht erleichtern, sondern erschweren. Psychisch erkrankten Menschen kann es nicht zugemutet werden, sich regelhaft mehreren Ärzten/Psychotherapeuten zu offenbaren, um in den richtigen Behandlungspfad eingeordnet zu werden. Das wäre eine deutliche Diskriminierung gegenüber Menschen mit körperlichen Erkrankungen. Zudem wären damit erhebliche zusätzliche Kosten und Ressourcen verbunden, die nicht mehr der direkten Behandlung von Menschen mit psychischen Erkrankungen zur Verfügung stünden.

Im Rahmen der zeitnah notwendigen Reform der Bedarfsplanung ist eine Verbesserung der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung durch eine gezielte und differenzierte Erhöhung der Anzahl der Vertragspsychotherapeutensitze möglich. Nicht nur die ländlichen Regionen, auch die sog. mitversorgten Regionen im Umland größerer Städte benötigen eine bessere Verhältniszahl Psychotherapeut je Anzahl Einwohner. Die derzeitige übergroße Spreizung der Verhältniszahlen entspricht nicht der Epidemiologie psychischer Erkrankungen und dem daraus folgenden Versorgungsbedarf. Durch eine bloße Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen würde allerdings auf eine Feinsteuerung im Sinne kleinräumiger Planung verzichtet, was uns nicht sinnvoll erscheint. Die Verschiebung der Bedarfsplanungsreform auf den 1. Juli 2019 bedauern wir und setzen auf die Verbindlichkeit der nunmehr vorgesehenen Frist für den G-BA zur Überarbeitung der Bedarfsplanungsrichtlinie.

Im Zuge der Einführung der elektronischen Patientenakte sind angemessene Sicherheitsstandards für den Schutz der Versichertendaten und den Datenaustausch festzulegen.

Eine Erhöhung der Mindestsprechstundenzeit auf 25 Stunden unterstützen wir nicht – diese wird in der psychotherapeutischen Versorgung nicht wesentlich zur Verbesserung der Patientenversorgung beitragen, denn die Psychotherapeuten arbeiten nach aktuellen Erhebungen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI) bereits durchschnittlich 49 Wochenstunden, davon 31 Stunden im direkten Patientenkontakt. Darüber hinaus halten wir die Erhöhung der Mindestsprechstundenzeit für schädlich für die Freiberuflichkeit und den Erhalt flexibler Versorgungsmodelle.