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  • Veröffentlichungsdatum 22.02.2023
  • Ort Berlin
  • Art Pressemitteilung

vdek: Psychotherapeut*innen sind zum Dialog bereit

DPtV: Weitere bürokratische Belastungen schaffen keine neuen Kapazitäten

„Wir begrüßen, dass sich der Verband der Ersatzkassen (vdek) mit der Verbesserung der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung befasst. Dabei sollte der Dialog mit den Psychotherapeut*innen gesucht werden. Wir sind dazu gerne bereit“, betont Gebhard Hentschel, Bundesvorsitzender der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung (DPtV). Der vdek hatte in einer Pressemitteilung zahlreiche Änderungen in der Versorgung gefordert. „Die Stärkung der Systemischen Therapie und Gruppenpsychotherapie können die Situation verbessern. Leider wiederholt der vdek aber auch längst überholte Vorurteile und fordert weitere bürokratische Belastungen, die keine neuen Behandlungskapazitäten schaffen.“

Mehr TSS erzeugt keine Kapazitäten

„Der vdek schlägt vor, die Vermittlung von Psychotherapien durch die Terminservicestellen (TSS) der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) auszubauen. „Der vorgeschlagene Ausbau der Vermittlungsstellen für 50 Prozent der Kapazitäten von Psychotherapeut*innen schafft keine zusätzlichen Behandlungskapazitäten, die in strukturschwachen und ländlichen Regionen dringend notwendig sind“, sagt Hentschel. „Das ändert sich auch nicht, wenn verpflichtend die psychotherapeutische Behandlung vermittelt wird. Schon jetzt ist es so, dass Psychotherapeut*innen im Anschluss an probatorische Sitzungen die angebahnte Psychotherapie auch zur Verfügung stellen. Jedoch kann nicht auf jede psychotherapeutische Sprechstunde – falls notwendig – auch die anschließende Psychotherapie bei dem/der selben Psychotherapeut*in bereitgestellt werden – hier wirkt sich das Kapazitätsproblem besonders aus.“

Praxispersonal verlässlich finanzieren

„Die vorgeschlagene Kopplung der Auszahlung der Strukturzuschläge an eine nachweisliche Anstellung einer medizinischen Fachkraft als mindestens Halbtagsstelle greift zu kurz“, ergänzt der Bundesvorsitzende. „Psychotherapeut*innen organisieren die Erreichbarkeit im Rahmen der ihnen gegebenen Möglichkeiten. Sie organisieren sich vielfach in Praxisgemeinschaften. Diese Organisationsform wird jedoch im Bundesarztregister bisher nicht erfasst.“ Hentschel kritisiert: „Derzeit werden die Finanzmittel zur Vergütung der Strukturzuschläge der regelhaften Vergütung von psychotherapeutischen Leitungen entzogen. Der Strukturzuschlag wird dann zur Finanzierung von Praxisangestellten variabel in der Höhe entsprechend der behandelten Anzahl der Patient*innen in einem Quartal ausgezahlt. Damit fehlt Praxen die Planungssicherheit zur Anstellung von Personal. Der Strukturzuschlag ist in voller Höhe für jede geleistete psychotherapeutische Sitzung auszuzahlen, so dass eine quartalsübergreifende verlässliche Finanzierung von Praxispersonal gewährleistet wird.“

Systemische Therapie

„Wir begrüßen den Vorschlag, die Systemische Therapie in der ambulanten Versorgung zu fördern“ betont Bundesvorsitzender Hentschel. „Mit diesem Therapieansatz steht Patient*innen seit 2020 neben Verhaltenstherapie, Tiefenpsychologie und Analytische Therapie ein weiteres Therapieverfahren zur Verfügung. Die Verkürzung notwendiger psychotherapeutischer Behandlungen sehen wir damit nicht umgesetzt. Psychotherapeut*innen behandeln schon jetzt wirtschaftlich und ressourcenschonend. Mehr als 70 Prozent der ambulanten Psychotherapien sind Kurzzeittherapien. Die den Patient*innen zur Verfügung stehenden Kontingente werden dabei flexibel eingesetzt.“

Gruppenpsychotherapie – Ja, aber …

„Wir unterstützen die Förderung der Gruppenpsychotherapie – allerdings muss die fachliche Qualifizierung gegeben sein. Psychiatrische Institutsambulanzen haben weder die Abrechnungs- noch die personellen Möglichkeiten, Richtlinienpsychotherapie in Einzel- oder Gruppenpsychotherapie anzubieten. Deshalb haben sie schon jetzt als Vermittlungsort von Psychotherapie für die TSS keine Bedeutung. Daran wird auch eine Ermächtigung durch den Gesetzgeber nichts ändern“, sagt Hentschel. „In der Ausbildung werden Gruppenpsychotherapien unter Supervision und Anleitung schon jetzt durchgeführt. Die Krankenkassen könnten dazu beitragen, dass den schon Niedergelassenen Psychotherapeut*innen die Nachqualifizierung zur Erlangung einer Abrechnungsgenehmigung ermöglicht wird, indem Gruppenpsychotherapien während der Fortbildung unter Supervision und nach Theoretischer Qualifizierung in den Praxen durchgeführt werden können.“

Video löst keine Versorgungsprobleme

„Der Anteil psychotherapeutischer Videositzungen dürfte weiter gestiegen sein. Dennoch bleibt der persönliche Kontakt Goldstandard in der Psychotherapie. Das bestätigen Patient*innen und Psychotherapeut*innen in Umfragen“, sagt Hentschel. „Videobehandlung löst jedoch keine Probleme der Bedarfsplanung. Der zeitliche Aufwand videogestützter Psychotherapie ist derselbe wie in Präsenz. Zur Verbesserung der Versorgung vor dem Hintergrund einer steigenden Nachfrage sind zusätzliche Finanzmittel bereitzustellen um die Verhältniszahlen Einwohner/Psychotherapeut*in in strukturschwachen und ländlichen Regionen sowie im Ruhrgebiet abzusenken.“

Kinder und Jugendliche wohnortnah versorgen

„Für Kinder und Jugendliche muss eine wohnortnahe Versorgung gewährleistet werden“, fordert Hentschel. Auch präventive Gruppenkonzepte, wie sie derzeit in den KV-Regionen Nordrhein und Westfalen/Lippe umgesetzt werden, sind bundesweit zu etablieren. Darüber hinaus sind kurzfristig in den Regionen weitere Sonderbedarfszulassungen notwendig, und Krankenkassen müssen Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V gewährleisten – entsprechend dem Rechtsanspruch ihrer Versicherten.